Und dennoch war diese Welt eine seltsame
Mischung von Fremdem und Vertrautem,
als hätte er durch sein Kommen ihr Wesen verändert,
sie mit Teilen seines Lebens infiziert.
Aus „Das Buch der verlorenen Dinge“ von John Connolly
Das Buch „Das Buch der verlorenen Dinge“ von John Connolly ist im September 2009 im List Taschenbuch Verlag erschienen. Es ist noch immer als Print im Taschenbuchformat erhältlich.
Eindrucksvoll vermischen sich hier Realität und Fantasy. Düster, tragend und mit viel Intelligenz wird eine Geschichte erzählt, bei der man nicht weiß, welcher Teil nun wahr ist – oder sind es gar beide?
Nach dem Tod seiner Mutter flüchtet sich der zwölfjährige David in die Welt der Bücher. Schon bald merkt er, dass sich Realität und Fantasie vermischen. Es beginnt eine abenteuerliche Reise an die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit.
Als Davids Mutter nach schwerer Krankheit stirbt, verkriecht sich der Junge in seine Bücher. Bald schon fangen sie an, mit ihm zu sprechen, und im Garten vor seinem Zimmerfenster taucht immer öfter eine seltsame Gestalt auf: der »Krumme Mann«. Eines Abends folgt der Junge ihm durch einen Mauerspalt und findet sich in einem dunklen Wald wieder. Geleitet und gelockt vom »Krummen Mann« macht David sich auf die Suche nach dem König des Waldes. Von ihm wird gesagt, er besitze ein geheimnisvolles Buch, »Das Buch der verlorenen Dinge«, in dem alle Wahrheiten des Lebens aufgezeichnet seien. Endlich am Schloss des Königs angelangt, muss David erkennen, dass er dem Bösen in die Falle gegangen ist.
Ich muss sagen, dass ich beim Lesen des Klappentextes erst etwas anderes erwartet hatte. Ich kann aber auch nicht genau benennen, was es war.
Was ich in Worte fassen kann, ist, dass dieses Buch viel mehr kann, als es auf den ersten Blick vermuten lässt.
Geschickt jongliert der Autor mit den Grenzen von Fantasie und Realität. Diesen Faden spinnt er durch die gesamte Geschichte, die sich wie ein Original-Märchen der Gebrüder Grimm liest und der es an Brutalität, Tod und Rückschlägen nicht mangelt. Doch zwischen all dem spitzt dieser Funke der Tugend, des Mutes und der unglaublichen Weisheit eines Jungen hindurch.
Ich war ehrlich gefangen in diesem Dschungel aus Wahrheit, Gefahr, Intrigen und verwobenen Schicksalen. Das Buch habe ich über einen Zeitraum von einem halben Jahr gelesen und dennoch ist mir jedes Detail davon in Erinnerung geblieben. Es mag an der zugrundeliegenden Bösartigkeit liegen, die darin vorkommt, an dem Kampfgeist des Jungen, dem Hoffnungsschimmer, der wieder und wieder zerschmettert wurde … am Ende war es sicher einfach das große Ganze.
Und zwischen den Zeilen steht so viel mehr, als eine Adaption. Wie in jedem Märchen gibt es eine Moral von der Geschicht’, die ich Euch gern selbst herausfinden lassen möchte. Wobei ich wahrlich mehr als eine gefunden habe.
Für mich verkörpert der Krumme Mann aus dieser Geschichte übrigens eine ganz bestimmte Märchenfigur – doch lest selbst, vielleicht stimmt Ihr ja mit mir überein ^^
Dieses Buch hat mich fasziniert und erschüttert. Es hat mich gefesselt, aber auch abgestoßen, weshalb es so lange gedauert hat, ehe ich es fertig gelesen hatte. Doch war es nicht schlecht geschrieben, langweilig oder dergleichen. Ich habe einfach nur wenig davon auf einmal verkraftet, es gab mir zu viel zu denken und zerrte an meinem Empfinden – dennoch blieb es stets präsent.
Solch einen Eindruck hinterlassen nur sehr, sehr wenige Bücher bei mir. Ich finde viele Bücher ausgesprochen gut, sie klingen in mir nach. Aber dieses Werk hier, sucht nach seinesgleichen.
Dieses Lied spielt für mich gedanklich zu diesem Buch:
„The Witcher 3: Wild Hunt: Priscilla’s Song“
Ein düsteres und böses Märchen, das zwischen den Zeilen lauert, packt und durchschüttelt! Für mich ein Kraftakt, den ich nach einem halben Jahr mit dem Wissen beenden kann, dass dies ein außerordentlich gelungenes Werk ist! Sicher wird es mich noch sehr lange gedanklich begleiten.
Höchstwertung!
©Teja Ciolczyk, 27.09.2019